Selbstanlauf
Stirlingmotor
Immer
wieder taucht die
Frage auf, ob ein Stirlingmotor nicht selber anlaufen kann, das heißt,
dass man
den Stirlingmotor nicht mehr am Schwungrad anwerfen muss. Vor allem bei
großen
Stirlingmotoren wäre dies von unschätzbarem Wert!
Allerdings
funktioniert das
nur in engen Grenzen. Der gleiche Motor mit einem großen Schwungrad
bleibt bei
dieser Umsteuerung lediglich stehen. Der Grund sind die Dichtungen an
den
Kolben. Der Motor hat keine Kolbenringe. Er dichtet nur durch das Öl an
den
Arbeitskolben. Die Passung ist dabei nicht sehr eng, das Öl lässt in
jeder
Sekunde einen bestimmten Anteil Luft durch. Bei dem langsamen Abbremsen
mit dem
großen Schwungrad ist dann beim Wiederanlauf zu viel bzw. zu wenig Luft
in
einem der beiden Zylinder gelangt, so dass dieser Zylinder den anderen
beim
Wiederanlauf stört. Aber diese Erkenntnis bedeutet auch, dass wenn die
Dichtungen besser wären, ein Wiederanlauf mit großem Schwungrad möglich
wäre.
Im Folgenden sollen sieben Voraussetzungen formulieren werden, unter
denen ein
Selbstanlauf funktioniert. Der angesprochene Fall der unsymmetrischen
Luftverteilung in den Zylindern ist die Voraussetzung 6. Die
anderen Voraussetzungen
sind mehr oder weniger trivial. Die
Voraussetzungen für
einen Selbstanlauf eines Stirlingmotors: 1.    Der
Stirlingmotor
muss gut vorgeheizt sein, d.h. auch der Regenerator muss seine
charakteristische thermische Rampe aufweisen. Gut vorgeheizt bedeutet,
mindestens
1,2-mal das Anwurf-Temperaturverhältnisses (siehe Beitrag "Das Kolbenverhältnis"
auf
dieser Internetseite). 2.    Der
Stirlingmotor
benötigt zum Selbstanlauf eine Phasenwinkelsteuerung von mindestens 0°
auf 70°
in einer Drehrichtung. Dies kann als Minimallösung auch eine
Phasenwinkelsteuerung sein, die erst bei ihrem Arbeits-Phasenwinkel von
zum
Beispiel 70° eine Auswuchtung des Motors sicherstellt. Auch
vorgespannte Pleuel- oder Kolbenstangen-Verlängerungen bzw.
Verkürzungen am Verdrängersystem wären vorstellbar.  3.    Der
Motor muss ein
Beta- oder Gammatyp sein, also ein richtiger Stirlingmotor mit
Verdränger und
Arbeitskolben. Ridermotoren (Alpha-Typ) können dagegen nicht selber
anlaufen,
da man keine Phasenwinkelsteuerung in ihnen einbauen kann. 4.    Der
Stirlingmotor
benötigt eine Voreinstellung des Schwungrades vor dem Selbstanlauf. Er
sollte
mit 20° nach dem Totpunkt des Arbeitskolbens plus10°, minus 5°
gestartet
werden. In anderen Stellungen ist ein Anlauf weniger oder gar nicht
möglich. Dabei
spielt es keine Rolle, ob dies die oberen oder unteren Totpunkte sind. 5.    Die
Phasenwinkelsteuerung muss schnell erfolgen. Es ist deshalb vor
Vorteil, dass
man durch sie den Verdränger bewegt und nicht den Arbeitskolben.
Während dieser
Bewegung kann es von Vorteil sein, dass man das Schwungrad oder den
/die
Arbeitskolben blockiert. 6.    Gibt
es mehrere
Systeme in einem Stirlingmotor, die in Phase zueinander stehen, zum
Beispiel um
das ungleichförmige Drehmoment  zu
glätten, so müssen alle Systeme zum Zeitpunkt des Selbstanlaufes die
gleiche
Menge an Gasmoleküle aufweisen. Dies ist in der Regel nur der Fall,
wenn es
sich um einen Wiederanlauf handelt und die Dichtungen an den
Arbeitskolben und
Verdrängerkolbenstangen sehr gut sind. Kann eine gleiche Menge an
Gasmoleküle
nicht garantiert werden, dann ist ein Selbstanlauf nur mit einem System
möglich
und die anderen Systeme müssen mit einem Bypass zwischen Arbeitsraum
und
Getrieberaum totgeschaltet und erst später dazugeschaltet werden, wenn
der
Motor bereits läuft. Bei Vier, Sechs- oder Achtsystem-Motoren
(usw.), bei
denen mindestens zwei Systeme zur selben Zeit ihren
Arbeitskolben-Totpunkt
aufweisen, gilt dies entsprechend, dass man mit genau den Systemen den
Selbstanlauf verwirklicht, die zur gleichen Zeit ihre Totpunkte haben
und die
anderen Systeme anfangs totschaltet. Auch hierbei spielt es keine
Rolle, ob
dies die oberen oder die unteren Totpunkte oder eine Kombination aus
beiden
sind. 7.    Der
Stirlingmotor
muss den allgemeinen Anforderungen genügen, die im Beitrag „Checkliste
Stirlingmotor„ genannt werden.